Datum: 25. Oktober 2016 um 04:47 Uhr
Dauer: 13 Stunden 13 Minuten
Einsatzart: Brandeinsatz > F 2 Y
Einsatzort: Dieburg/Römerstraße
Fahrzeuge: LF 16/12 (außer Dienst), DLK 23/12, GW-L, FLF, WLF 1, AB-AS, ELW (außer Dienst), LF 16 (außer Dienst), MTF 2
Weitere Kräfte: Polizei, RTW


Einsatzbericht:

Um 05:47 Uhr wurde bei der Polizeistation Dieburg der Brand eines freistehenden Gebäudes in der Römerstraße gemeldet. Gewählt wurde durch die Leitstelle Darmstadt-Dieburg das Alarmstichwort F2Y (Brand in Wohngebäude mit Menschenleben in Gefahr), weswegen neben der Freiwilligen Feuerwehr Dieburg auch die Schnelleinsatzgruppe der Johanniter-Unfall-Hilfe sowie der Regelrettungsdienst mitsamt Notarzt alarmiert wurden. Bereits fünf Minuten nach Alarm rückten ELW und LF 16/12 zur Einsatzstelle aus, wobei die Kräfte bereits zwei Minuten später am gemeldeten Ort eintrafen. Noch auf der Anfahrt wurde durch eine zwischenzeitlich eingetroffene Funkstreife der Polizeistation Dieburg der Gebäudevollbrand bestätigt; weiterhin war durch die Polizei bereits eine Abfrage erfolgt, welche ergab, dass an der betroffenen Adresse eine Person gemeldet war. Bereits beim Eintreffen waren Teile der hölzernen Hauseingangstür durchgebrannt und durch das in der Tür enthaltene Glaselement waren deutlich Flammen zu sehen. Die Fenster und Rollläden des Gebäudes wiesen keine Beschädigungen auf, wobei im Dachbereich der Austritt von Rauch zu erkennen war. Nach der sofort eingeleiteten Menschenrettung wurde die Hauseingangstüre gewaltsam geöffnet und der erste Trupp unter umluftunabhängigem Atemschutz betrat das Gebäude. Die parallel eingetroffene DLK 23/12 wurde in Stellung gebracht und durch das ebenfalls etwa 9 Minuten nach Alarmierung eingetroffene TLF 20/40-SL 20/40 SL eingespeist. Zwei Minuten nach Betreten des Gebäudes verließ der Angriffstrupp das Gebäude durch den Hauseingang, da die enorme Wärme bereits durch die Feuerschutzkleidung der Kameraden gedrungen war. Durch den Fahrzeugführer des LF 16/12 wurden auf der Rückseite die Zugänge in den Gartenbereich gewaltsam geöffnet. Der Fahrzeugführer des eingetroffenen zweiten Löschgruppenfahrzeuges befahl daraufhin durch die auf der Gebäuderückseite vorgefundene Tür die Menschenrettung durch einen weiteren Trupp unter umluftunabhängigem Atemschutz. Durch den diensthabenden Zugführer wurde, nach Rücksprache mit dem eingetroffenen Stadtbrandinspektor Sven Weyrauch, die Alarmstufe auf F3 erhöht, wodurch eine Nachalarmierung der Feuerwehr Münster und des ELW 2 sowie der Sirenenalarm in Dieburg erfolgte. Zu diesem Zeitpunkt wurde im seitlichen Eingangsbereich eine Person ausgemacht, deren Verletzungen sofort als nicht mit dem Leben vereinbar zu erkennen waren. Nach kurzer Beratung der Einsatzleitung mit den anwesenden Einsatzkräften der Polizei wurde entschieden, die Einsatzstelle als Tatort zu behandeln und die Leiche für die nachfolgenden Ermittlungen an Ort und Stelle zu belassen. Aufgrund der enormen Wärme hatte sich zeitgleich auch der zweite Trupp auf der Rückseite aus dem Gebäude zurückgezogen. Da das Hauptaugenmerk des Einsatzes durch diesen tragischen Fund nun von Menschenrettung auf die Brandbekämpfung verlagert wurde, öffneten die Einsatzkräfte gewaltsam die Fenster und Rollläden, um die massive Wärmeentwicklung aus dem Gebäude abzuleiten. Zeitweise waren vier C-Strahlrohre parallel im Einsatz. Nach Gesprächen mit Nachbarn ergab sich im weiteren Verlauf, dass bereits am Vorabend gegen 22:30 Uhr ein „Grillgeruch“ wahrgenommen worden war, was als Indiz für die Uhrzeit des Brandausbruches zu betrachten ist. Dies erklärte auch die massive Wärmeentwicklung, welche aus der stundenlangen thermischen Aufbereitung im Innenraum resultierte und ein Betreten des Brandraumes nahezu unmöglich machte. Erst durch intensive Lüftungsmaßnahmen und das Öffnen der Dachhaut war es schließlich möglich, das Gebäude mit mehreren Trupps zu betreten. Hierbei wurde durch die Einsatzleitung der Abschnitt „Brandbekämpfung“ geschaffen, welchem die Kräfte der beiden Dieburger Löschgruppenfahrzeuge, zwei Löschgruppenfahrzeuge der Feuerwehr Münster sowie die Drehleiter unterstellt wurden. Zeitgleich wurde durch die Einsatzleitung im angeforderten ELW 2 mit Stadtbrandinspektor Sven Weyrauch, dem diensthabenden Zugführer, Bürgermeister Dr. Werner Thomas, dem Kreisbrandinspektor Ralph Stühling, dem OLRD Timo Haug, dem Zugführer der Schnelleinsatzgruppe Jan Lindmann sowie der Führungsunterstützung eine erste Besprechung abgehalten, um das weitere Vorgehen abzustimmen. Bedingt durch die Brandeinwirkungen und den erhöhten Wassereinsatz, welcher zum Niederschlagen der Flammen und zum Entziehen der Wärme erforderlich war, senkten sich Teile der Erdgeschossdecke in den Raum. Aufgrund dessen wurde ein Außenangriff angeordnet und das Betreten des Gebäudes untersagt, nachdem die Leiche nach Rücksprache mit der Polizei geborgen und an den Bestatter übergeben worden war. Um die Statik des Gesamtgebäudes zu bewerten, dessen Giebelwände eine leichte Neigung aufwiesen, wurden Fachberater des THW hinzugezogen und der mögliche Trümmerschatten abgesperrt. Da ein Betreten nicht mehr möglich war, konnten die Flammen im Obergeschoss nicht vollständig niedergeschlagen werden, weswegen die Einsatzleitung die Entscheidung traf, die Löscharbeiten auf der Rückseite einzustellen und das Dach kontrolliert durchbrennen zu lassen. Erst nach dem Durchbrennen konnte das Feuer im Obergeschoss von außen gezielt gelöscht werden. Die letzten Flammen wurden demnach gegen 10:30 Uhr gelöscht, als die Kameraden der Feuerwehr Münster den Rückweg antraten. Zu diesem Zeitpunkt hatten Brandermittler und Mordkommission bereits ihre Arbeit aufgenommen. Im Zuge der nächsten Besprechung in den Räumen des ELW 2 wurde gemeinsam mit der Bauaufsicht in Betracht gezogen, das Gebäude aufgrund der kritischen Statik abzutragen. Nach längerer Abwägung mit den Ermittlern der Polizei und den Fachberatern des THW wurde nach eingehender Beweissicherung die Einsatzstelle freigegeben. Dementsprechend erfolgte die Anforderung der THW-Fachgruppe Räumen aus Groß-Gerau, welche sich mit schwerem Gerät auf den Weg zur Einsatzstelle in Dieburg begab. Zu diesem Zeitpunkt fuhren die Einsatzkräfte der Erstangriffsfahrzeuge der Feuerwehr Dieburg in den Hauptstützpunkt zurück, um die Fahrzeuge aufzurüsten und die von der Schnelleinsatzgruppe organisierte Verpflegung aufzunehmen, während DLK und TLF 20/40-SL als Brandwache an der Einsatzstelle verblieben und wenig später durch ausgeruhte Kräfte abgelöst werden konnten. Das Abtragen des Gebäudes durch das THW zog sich bis in die frühen Abendstunden. Zwischenzeitlich wurden immer wieder kleinere Brandherde gelöscht. Die Brandruine wurde abgesperrt und gegen fließenden Verkehr gesichert. Um 20:46 Uhr wurde der Einsatz schließlich beendet. Da bei diesem Einsatz sehr viele junge Kameraden eingesetzt waren, für welche dies teilweise der erste Brandeinsatz war, wurde entschieden, um 20:00 Uhr eine seelsorgerische Nachbesprechung im Feuerwehrhaus mit dem katholischen Pfarrer Vogl abzuhalten. Mehrere Kameraden werden aufgrund der psychischen Belastung auch weiterhin seelsorgerisch betreut.